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    28.04.2023 –
    03.09.2023

    PAUL JARAY –
    Die Vernunft der Stromlinie

    Paul Jaray (1889–1974) – eine prototypische Ausprägung der Gestalt des Künstler-Konstrukteurs in der Zeit der Avantgarde der Moderne – war der erste und bleibt der bedeutendste Pionier einer wissenschaftlichen Befassung mit der Aerodynamik von Automobilen.
    Seine Karosserieentwürfe gehören zu den radikalsten und in ihrer Konsequenz schönsten Formen, die im Industriedesign von Fahrzeugen begegnen. Im Gegensatz zu seiner wissenschaftsgeschichtlichen Rolle ist seine Autorschaft in Vergessenheit geraten, obwohl seine Formensprache der Notwendigkeit als Resultat anonymer Computerberechnungen zuletzt wieder die Bestätigung ihrer Unvermeidlichkeit erfuhr – immer dort, wo Energieeffizienz ein Ziel der Forschung ist.
    Dass Jarays Leistungen nicht mit seinem Namen verknüpft sind, rührt daher, dass seine jüdische Herkunft unter der Herrschaft des Nationalsozialismus in Konflikt trat mit den nationalistischen Propagandazwecken, die seine Auftraggeber gerade mit jenen Projekten verbanden, die von seinen Entwicklungen bestimmt waren. Entweder unterschlug die politische Benutzung seiner Entdeckungen deren nicht opportune Urheberschaft, denn Kriegszeiten und totalitäre politische Umstände erlaubten es ihr, sich über Patent- und Urheberrechte hinwegzusetzen. Oder Jaray war als Jude gezwungen, in der Zusammenarbeit mit den großen deutschen Automobilwerken unter dem nom de guerre von Strohmännern zu agieren.
    Das Ausbleiben von Anerkennung und das mit ihr verbundene wirtschaftliche Scheitern in Jarays Biographie vollzogen sich freilich unter gleichzeitiger Aneignung, Verwertung und Verallgemeinerung seiner Einsichten – oft in paradoxer, weil missbräuchlich dekorativer Verfremdung im Dienste bloßer Warenästhetik.
    Jarays Errungenschaften im Feld der Strömungsmechanik tauchen in diesem Projekt im Kontext der modernen und der zeitgenössischen Kunst auf, die am Anfang des letzten Jahrhunderts aus diesem neuen Gebiet naturwissenschaftlicher Forschung wesentliche Anregungen bezog. In vielen Fällen standen diese Fortschritte gerade in der Skulptur sogar in unmittelbarem Bezug zu Paul Jaray, der selbst ein Leben lang künstlerisch tätig war und einer vielfach in die Geschichte der Kultur der Moderne eingebundenen Wiener Familie entstammt.

    Wolfgang Scheppe, Venedig, 8. Dezember 2022

    Die Ausstellung wurde von Wolfgang Scheppe und dem Arsenale Institute for the Politics of Representation, Venedig, konzipiert.

    Die Ausstellung wird unterstützt von dem Arsenale Institute for Politics of Representation, Venedig, der Ernst von Siemens Kunststiftung und der Alfried Krupp von Bohlen und Halbach-Stiftung sowie dem Freundeskreis Kunsthaus Dahlem – Bernhard Heiliger e.V.

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