20.06.2025 –
21.06.2025
11:00 – 18:00
COMMON THREADS: Showcasing the Outcomes of a Collaborative Project in Textile Art – Pop-up-Gruppenausstellung

Pop-up-Ausstellung im Anschluss an eine Residenz von zehn Künstlerinnen and Kuratorinnen im Kunsthaus Dahlem. Textile Kunstpraktiken, geprägt von kollektiven Arbeitsprozessen und transkulturellem Dialog. Mit Sary Haddad, Ana Hernández, Munara Abdukakharova, Cholpon Alamanova, Aleksandra Filatova, Jessica Ostrowicz, Mariana Pende, Jenny Michel, Haleh Redjaian, Anna Schapiro
Teil des Festivalprogramms 10 JAHRE – 10 TAGE! anlässlich des 10-jährigen Jubiläums des Kunsthaus Dahlem
Über das Projekt
Im Frühjahr 2024 widmete das Kunsthaus Dahlem mit der Ausstellung zu Sofie Dawo (1926–2010) und den dazu dialogisch angelegten zeitgenössischen Werken von Haleh Redjaian erstmals in seiner zehnjährigen Existenz seine Räume ganz der Textil- und Fadenkunst. Diese hatte in der Nachkriegszeit in Deutschland eine deutliche Emanzipation vom reinen Kunsthandwerk erfahren und sich als eigenständige bildkünstlerische Materialität etablieren können.
Die Eigenständigkeit der Textilkunst, auch Fiber Art genannt, basierte dabei einerseits auf der Übertragung bildkünstlerischer, kompositorischer und ästhetischer Anliegen der Malerei, Grafik und Skulptur in das neue Medium, andererseits aber auch auf einer intensiven Rezeption von (kunst)handwerklichen Techniken außereuropäischer Kulturen. Die Reisen der Bauhaus-Künstlerin Anni Albers nach Lateinamerika zeugen ebenso davon wie der mehrjährige Aufenthalt der US-amerikanischen Künstlerin Sheila Hicks im mexikanischen Guerrero.
Auch für die aktuelle Kunst unserer Tage spielt dieser globalisierte, transkulturelle Austausch gerade in der Fiber Art eine zentrale Rolle – durch Web- wie Färbetechniken, durch Aufgreifen landestypischer Ornamentik und ähnlichem. Gleichzeitig erlebt diese Kunstform eine deutlich kritische Hinterfragung von motivischer wie handwerklicher Appropriation. Damit einher gehen auch Auseinandersetzungen mit Up-Cycling und Nachhaltigkeit, da Textilien häufig unter problematischen Produktionsbedingungen entstehen. Auch geschlechterspezifische Ungleichheiten kommen zum Tragen: Textilkunst wird überdurchschnittlich häufig von Frauen ausgeübt, was nicht selten zu einer erneuten Abwertung in der gesellschaftlichen Anerkennung und im Kunstdiskurs führt.
Sich einerseits mit Kunstgeschichten verschiedener Länder im 20. und 21. Jahrhundert auseinanderzusetzen, andererseits aber auch die Hinwendung zur Bedeutung von Traditionen im zeitgenössischen Kunstschaffen sind Inhalt des Programmteils mit dem Titel Common Threads: Mexikanische, kyrgyzische, kroatische und britische Künstlerinnen sind eingeladen, gemeinsam mit drei Berliner Künstlerinnen – Haleh Redjaian, Anna Schapiro und Jenny Michel – am Ort Werke zu entwickeln, bestehende Arbeiten in einen Dialog zu stellen und eine Ausstellung zu planen, die nach der ersten Präsentation in Dahlem dann im Oktober 2025 nach Oaxaca, Mexiko, reisen wird. Dort wird sie als Teil der diesjährigen BIENALSUR gezeigt.
Unter dem Titel Common Threads arbeiten die Künstlerinnen zum Thema Textil- und Fadenkunst und laden Besucher:innen im Rahmen von Workshops zum Mitmachen ein.
Ort
Kosten und Tickets
Alle Angebote im Rahmen des Jubiläums sind für Besucher:innen kostenfrei.
Kein Ticketverkauf vorgesehen.
Teilnehmer:innen – Biografien
Munara Abdukakharova ist eine bildende Künstlerin und Architektin aus Bischkek, Kyrgyzstan. In ihrer multidisziplinären Praxis beschäftigt sie sich mit Ausdrucksformen wie Stickerei, Grafik und Zeichnung und verwendet dabei häufig Materialien wie Filz und Alltagsstoffe. Sie verbindet traditionelle kyrgyzische Techniken mit zeitgenössischen Themen wie dem städtischen Leben, Umweltfragen und gesellschaftlichem Druck und arbeitet auf ungewöhnlichen Untergründen wie dem Toshok, einer traditionellen Bodenmatratze. Dabei lässt sie der Zufälligkeit Raum, ihre Kompositionen zu leiten. Ihre Arbeiten wurden in Ausstellungen in Kyrgyzstan, Kasachstan, Italien, den Niederlanden, Deutschland und den Vereinigten Staaten gezeigt.
Instagram: @moon_abdu
Cholpon Alamanova ist eine international bekannte Textilkünstlerin aus Kyrgyzstan, die mit der traditionellen Technik des Kurak arbeitet – einer kyrgyzischen Patchwork-Kunstform, bei der Stoffreste zu funktionalen und/oder dekorativen Objekten verarbeitet werden. Sie gründete die Schule für Angewandte Kunst in Bischkek und vermittelt seit 2015 sowohl die Technik des Kurak als auch die diesem zugrundeliegende Philosophie. Seit 2021 entwickelt sie EcoKurak – eine Initiative, die Stoffabfälle aus Nähwerkstätten in neue textile Kompositionen verwandelt. Seit 2023 arbeitet sie zudem mit der Universität von Zentralasien an einer Enzyklopädie des kyrgyzischen Kurak und reist dafür durch ganz Kyrgyzstan, um traditionelle sowie zeitgenössische Beispiele dieser einzigartigen Kunstform zu entdecken und zu dokumentieren.
Instagram: @cholpon_kurak
Aleksandra Filatova ist Kunstpraktikerin, Forscherin und Pädagogin. Als Dozentin an der Narxoz University in Almaty, Kasachstan, experimentiert sie gemeinsam mit Studierenden und Kolleg:innen, um visuelles und räumliches Denken im akademischen Kontext zu erforschen. Ihre Arbeit bewegt sich im Spannungsfeld von zeitgenössischer Kunst, emanzipatorischen Methoden und zivilgesellschaftlichem Engagement – mit einem besonderen Fokus auf Ausstellungen als pädagogische Räume. Sie kuratierte kollaborative Projekte wie ToBeNamed Kyrgyzstan und leitet die SMart-Meetings, die öffentlich wirkende Intellektuelle, Kurator:innen und Wissenschaftler:innen zusammenbringen. Ihre Praxis basiert auf gemeinschaftsorientierter Forschung und erfahrungsbasiertem Lernen. Sie ist geprägt durch ihre langjährige Tätigkeit in der internationalen Entwicklungszusammenarbeit, Jugendbildung und feministischen Initiativen.
Instagram: @shuntiks
Sary Haddad ist eine mexikanische bildende Künstlerin, die materiellen und symbolischen Abfall in Objekte ästhetischer Betrachtung verwandelt. Sie rekontextualisiert als Einwegobjekte betrachtete Gegenstände, um die Themen Erinnerung, Männlichkeit und Populärkultur zu erforschen. Für ihr Projekt, bei dem sie Industrieschließfächer aus einer Textilfabrik in einen neuen Kontext brachte, gewann sie 2011 den ersten Preis in der Kategorie Installation bei der Florence Biennale. In weiteren Projekten bearbeitet Haddad verlassene Fabrikräume und historische Türen, um die Spuren von Zeit, Arbeit und sozialer Geschichte sinnlich erfahrbar zu machen. Ihre Werke verbinden Vergangenheit und Gegenwart durch vielschichtige symbolische Erzählungen.
Ana Hernández ist eine bildende Künstlerin aus dem Volk der Zapoteken. Ihr Werk konzentriert sich vor allem auf die Wiederbelebung traditioneller Kleidung aus der Region des Isthmus von Tehuantepec sowie auf die Themen Migration, Geografie und Identität. Mit Siebdruck, Holzschnitzerei und textilen Techniken schafft sie Werke, die persönliche Interessen mit gemeinschaftlichem Wissensaustausch verbinden und den kulturellen Reichtum des Isthmus im zeitgenössischen Kontext sichtbar machen. Textilien sind ein konstanter Bestandteil ihrer Praxis, die durch ihre Herkunft aus einer Familie von Textilhandwerker:innen aus Santo Domingo Tehuantepec, Oaxaca, geprägt ist. Hernández studierte an der Escuela de Bellas Artes de Oaxaca, am Centro de Educación Artística Contemporánea und am Instituto de Artes Gráficas de Oaxaca. Ihre Arbeiten wurden unter anderem in Mexiko, den Vereinigten Staaten, Ecuador und Spanien ausgestellt.
Instagram: @hernandez.ana.hernandez
Jenny Michel lebt und arbeitet in Berlin. Sie studierte Freie Kunst an der Kunsthochschule Kassel mit einem Schwerpunkt auf Grafik, Installation und Videokunst. Ihre multidisziplinäre Arbeit verbindet Objekte, Zeichnungen, Fotografien, Texte und Sound zu komplexen Werkserien, die philosophische und wissenschaftliche Themen mit Ironie und Mehrdeutigkeit verarbeiten. Michels künstlerische Methode besteht im Übereinanderschichten von kartografischen und anderen datenbasierten Informationen – ein Prozess, der mit der Zeit den malerischen Raum in eine Art Labyrinth verwandelt. Ihre Arbeiten wurden in zahlreichen Einzel- und Gruppenausstellungen in Deutschland und im Ausland gezeigt.
Jessica Ostrowicz ist eine multidisziplinäre Künstlerin aus London. Sie studierte Bildende Kunst in Dresden und Contemporary Art Practice mit Schwerpunkt Critical Practice am Londoner Royal College of Art. In ihren Papierarbeiten, Installationen, Skulpturen und Filmen setzt sie sich mit transgenerationalen Traumata sowie Möglichkeiten der Verarbeitung und Wiedergutmachung auseinander. Sie reflektiert Themen von Zugehörigkeit und was Zuhause für Menschen bedeutet, »die entwurzelt, vertrieben oder eingesperrt wurden«. Seit 2023 arbeitet Ostrowicz im Männergefängnis HMP Spring Hill – zunächst als Kursleiterin, seit März 2025 als Artist in Residence, gefördert von der Ikon Gallery in Birmingham und der Rothschild Foundation.
Mariana Pende ist eine in Dubrovnik, Kroatien, lebende Künstlerin, deren Arbeit das Weben als Medium zwischen Tradition, Experiment und Klang erforscht. In ihrer Praxis wird der Webstuhl zum Instrument, das durch Rhythmus und Wiederholung einen Dialog zwischen Vergangenheit und Gegenwart schafft. Inspiriert von architektonischem Konstruktivismus und minimalistischer Musik untersucht sie visuelle und akustische Muster. In Zusammenarbeit mit der Fakultät für Textiltechnologie in Zagreb entwickelt sie Projekte, die ökologische Ansätze im Weben erforschen und historische Techniken mit zeitgenössischen Prozessen verbinden. Derzeit ermöglicht die Einbindung der Textilfabrik Trgovišće die praktische Umsetzung ihres Konzepts auf dem Jacquard-Webstuhl. Dabei vertieft sie die Verbindung von Hand- und Industrieweberei im Kontext nachhaltiger Produktion.
Instagram: @marianapende
Haleh Redjaian ist eine iranisch-deutsche bildende Künstlerin, deren Arbeiten das Zusammenspiel von Struktur und Spontaneität erkunden. Zentrales Element ihres Schaffens ist stets die Linie – gezeichnet, gewebt oder als Faden im Raum gespannt. Häufig entstehen ihre textilen Arbeiten als Wandteppiche, die nach ihren Entwürfen im Süden des Iran handgewebt werden. Unregelmäßigkeiten, die aufgrund der Fertigung mit der Hand entstehen, durchbrechen die strengen Geometrien, die Redjaian zusätzlich durch Stickerei oder Druck verändert. Haleh Redjaian studierte an der Königlichen Akademie der Schönen Künste in Antwerpen, sie lebt und arbeitet in Berlin. Ihre minimalistischen Werke stellt sie international aus.
Anna Schapiro ist bildende Künstlerin, Autorin und Herausgeberin mit Wohnsitz in Berlin. Sie studierte übergreifendes künstlerisches Arbeiten in Dresden, Bildhauerei in Porto und Jüdische Studien in Stockholm. Ihre visuelle Praxis umfasst Installation, Skulptur, Malerei und Schreiben, mit einem Schwerpunkt auf kollektiven und ortsspezifischen Ansätzen. Ein zentrales Element ihrer Arbeitsweise ist die Präsentation von Materialien in ihren physischen Gegebenheiten – unter anderem in textilbasierten Projekten, die formal der Skulptur nahestehen. Diese Werke entstehen an der Schnittstelle von traditionellem Handwerk und moderner Technologie und thematisieren Nachhaltigkeit, Ökologie, Erinnerung und Identität. Schapiro ist Gründungsmitglied und Mitherausgeberin der Zeitschrift Jalta – Positionen zur Jüdischen Gegenwart und gehört dem Kollektiv Ministerium für Mitgefühl an.
KOOPERATIONSPARTNER
ARENET – The Americas Research Network: Kooperation im Rahmen des künstlerischen Residenzprojekts Common Threads sowie ausgewählter Veranstaltungen der LUNCH TALKS-Reihe